Wilhelm Purtscher in der Fahrdienstleitung Dalaas (Sammlung: Vorarlberger Landesbibliothek)

Wilhelm Purtscher leitete von 1923 bis 1954 die Bahnmeisterei Dalaas und gilt neben Julius Lott, dem Erbauer der Arlbergbahn, als die zweite große Pionierfigur in der Geschichte der Arlbergbahn.

In seine Dienstzeit fällt die Herstellung zahlreicher Steinschlag-, Felsabbruch- und Lawinenverbauungen entlang der Westrampe. So geht die Entwicklung des Arlberg-Drahtseilschneezaunes auf seine Person zurück. Diese Sonderkonstruktion als auch der Arlberg-Schneerechen haben sich auf der Arlbergstrecke besonders bewährt (Dultinger 1982: 68).

Der Umstand, daß sich Purtscher im Verlaufe seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Bahnmeister in der Lawinenverbauung ein enormes Wissen aneignen konnte, trugen dazu bei, daß er als Lawinenfachmann auch außerhalb des Klostertales bei Verbauungen von den ÖBB zu Rate gezogen wurde (Tiefenthaler 1973: 109). Walther Flaig (1955: 58) urteilte über ihn folgendermaßen:

Er war unbestritten der erfahrenste Lawinenfachmann für Bahnsicherung in Österreich.

In der Nacht vom 11. auf den 12.1.1954 zerstörte die abgehende Muttentobellawine das Bahnhofsgebäude von Dalaas, das auch von Bahnmeister Purtscher und seiner Frau bewohnt wurde. Mit ihnen fanden acht weitere Personen, die sich teils im Warteraum, teils in den Wohnräumen des ersten Stockwerkes aufhielten, den Tod (Tiefenthaler 1973: 119). Flaig (1955: 58) vermerkt hierzu:

Keines der ungezählten tragischen Ereignisse des 11. Januar 1954 beweist das einmalige, jede Voraussicht übersteigende Ausmaß der Katastrophe besser als der Umstand, daß sogar dieser beste Kenner der Gefahr selber nun ihr Opfer wurde.

Das private Bildarchiv von Wilhelm Purtscher wurde im Jahre 2007 seitens der Österreichischen Bundesbahnen der Landesbibliothek Vorarlberg übergeben. Zum damaligen Zeitpunkt war die Herkunft dieses einzigartigen Bildarchivs allerdings unbekannt. Die Arlbergbahn-Redaktion wurde mit der Aufarbeitung des Bildmaterials betraut.

Im Zuge von Recherchen stellte sich relativ rasch heraus, daß die Bildersammlung von Wilhelm Purtscher stammt. Sein Bildarchiv umfasst insgesamt 1012 Fotos aus den Jahren 1923 bis 1939. Ca. 400 Aufnahmen konnten eindeutig zugeordnet werden. Warum Purtscher im Jahre 1939 seine Fotografiertätigkeit plötzlich einstellte, ist unbekannt.

Purtscher dokumentierte in erster Linie seinen Tätigkeitsbereich als Bahnmeister. Zum damaligen Zeitpunkt waren der Bahnmeisterei Dalaas zwei Lehnenpartien als auch eine Oberbaupartie zugeordnet (Nessler, 9.4.2008), denen Purtscher vorstand. Sie zeichneten für die Herstellung von Steinschlag-, Felsabbruch- und Lawinenverbauungen als auch für die Instandhaltung der Strecke verantwortlich.

Demzufolge finden sich in seinem Bildarchiv vorwiegend Aufnahmen, die sich mit der Umsetzung der soeben erwähnten Baumaßnahmen beschäftigen. Um hier ein paar Beispiele anzuführen, dokumentierte Purtscher mit seiner Kamera die Herstellung des Simastobeltunnels in Langen am Arlberg, die Erweiterung des Lawinenschutzdaches Batzigg-Schnend in Klösterle als auch den Bau des Lawinenschutzdaches Bocktöbele in Innerbraz.

Darüber hinaus fertigte er etliche Privataufnahmen von Verwandten und Bekannten an, nahm seine Kamera auf ausgedehnte Wandertouren mit und hielt einige Dorfansichten von Dalaas fest.

Wilhelm Purtscher Archiv als online-Datenbank
Einen besonderen Dank möchten wir der Vorarlberger Landesbibliothek für die Überlassung des Bildmaterials sowie für die Einbindung der Aufarbeitung seines fotografischen Schaffens in die online-Datenbank aussprechen.

Online-Datenbank: Wilhelm Purtscher Archiv


Literaturverzeichnis:

Dultinger, Josef. Eisenbahn-Winterdienst: Ein Fachbuch für Studium und Praxis. Rum: Dr. Erhard, 1982.

Flaig, Walther. Lawinen: Abenteuer und Erfahrung, Erlebnis und Lehre. 2. neubearb. Aufl. Wiesbaden: Brockhaus, 1955.

Nessler, Herbert. Befragung vom 9.4.2008.

Tiefenthaler, Helmut. Innsbrucker geographische Studien. Bd. 1: Natur und Verkehr auf der Arlberg-Westseite. Hg. F. Fliri und A. Leidlmair. Innsbruck: Geographisches Institut der Universität Innsbruck, 1973.


(Autor: Laublättner Michael)