Im Dezember 2002 wurden mit Ausnahme der 1110.526-9 sämtliche in Bludenz verbliebenen Lokomotiven der Baureihe 1110 außer Dienst gestellt. 1110.526-9 war hingegen auch weiterhin im Rahmen von Schneeräumfahrten sowie im Vorspann- und Schiebedienst auf den beiden Rampenstrecken der Arlbergbahn anzutreffen, bis diese infolge eines Lokschadens am 15. Mai 2003 ausgemustert werden musste. Diese Aufnahme entstand zwischen Wald am Arlberg und Dalaas im km 118,1. Der talwärts fahrende Leerpersonenzug besteht aus einer Lokomotive der Baureihe 1044 und einer Lokomotive der Baureihe 1110. Den Zugschluß bildet die soeben genannte 1110.526-9 (Foto: Michael Laublättner).

Die ersten Bestrebungen zur Herstellung einer Bahnverbindung über den Arlberg reichen in die vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts zurück. Als wohl unermüdlichste Vorkämpfer für eine Eisenbahnverbindung vom Rheintal ins Inntal traten seit 1847 der Textilindustrielle und Präsident der Handelskammer Feldkirch Carl Ganahl und der damalige Handelsminister Freiherr von Bruck auf. Ganahl war an einer Schienenverbindung zwischen dem österreichischen Adriahafen und dem Bodensee interessiert. Doch mit dem Ausscheiden des Handelsministers im Jahre 1851 gerieten die Projekte in Vergessenheit (Wegenstein: 3).

Zudem wirkte sich der im Jahre 1854 erlassene Entscheid, welcher den Verkauf aller Staatsbahnen sowie den Bau von Bahnlinien künftig wieder durch Privatgesellschaften vorsieht, nachhaltig auf Ganahls Bemühungen aus. Trotz dieses herben Rückschlags versuchte er auch weiterhin die Interessen Vorarlbergs zu wahren, und wandte sich entschieden gegen Bahnprojekte – wie z.B. gegen die geplante Bahnverbindung Innsbruck – Reuthe – Kempten, sowie gegen das schweizerische Lukmanierprojekt – die diese Interessen gefährdeten (Studer, „Im Spiegel der Zeiten“: 17).

„Während in der Zeit von 1850 bis 1855 von Stuttgart, München und Zürich ausgehende Bahnlinien den Bodensee erreichten, drängten die Vorarlberger Industriellen … noch immer erfolglos auf die Herstellung einer Arlbergverbindung“ (Tiefenthaler: 40). Im Jahre 1864 legte das Wiener Handelsministerium der Feldkircher Handelskammer eine Denkschrift über den Bau der Alpenbahnen zur Begutachtung vor, und bemerkte, dass einer Verbindung über den Arlberg größte Bedeutung beizumessen sei und schnellstmöglich in Angriff genommen werden sollte. Dennoch wurden keine weiteren Schritte eingeleitet (Studer, „Im Spiegel der Zeiten“: 17).

Am 09.04. 1865 erhielt Ganahl die Vorkonzession für eine Bahnverbindung über den Arlberg (Wegenstein: 3). Er ließ zwei Varianten ausarbeiten, wovon erstere eine Untertunnelung des Arlbergs, die zweite Variante eine Gebirgsbahn unter Anwendung des Fell’schen Systems vorsah. Aufgrund der durchgeführten Untersuchungen sprach sich die Regierung für einen Tunnelbau am Arlberg aus, weitere Schritte wurden jedoch nicht unternommen (Studer, Die Arlberg-Linie: 6).

Erst am 17.12.1867 wurde die Frage der Arlbergbahn erneut aufgegriffen und im Reichsrat behandelt. Da jedoch keine Einigung erzielt werden konnte, bemühten sich die beiden Bundesländer Tirol und Vorarlberg zumindest um die Konzession für die erforderlichen Tal- bzw. Zufahrtsstrecken (Wegenstein: 3). Schließlich verabschiedete das Vorarlberger Abgeordnetenhaus am 10.05.1869 ein Gesetz für den Bau der k. k. priv. Vorarlbergbahn, zu deren Bau sich Österreich bereits im Jahre 1865 gegenüber der Schweiz und Bayern verpflichtet hatte. Doch der Bau der Bergstrecke über den Arlberg fand auch weiterhin keine Beachtung.

In den Jahren 1869 und 1872 wurden die Streckenabschnitte Lindau-Bregenz-St. Margrethen, Bregenz-Feldkirch-Bludenz und Feldkirch-Buchs SG fertig gestellt. Die Eröffnung der Hauptlinie Bludenz-Bregenz-bayrische Grenze erfolgte am 01.07.1872, und ermöglichte eine direkte Bahnverbindung über bayrisches Gebiet mit dem übrigen Österreich. Die Eröffnung der Flügelbahnen erfolgte am 23./24.11.1872 (Studer, „Im Spiegel der Zeiten“: 18).

Der Deutsch/Französische Krieg in den Jahren 1870/71 brachte einige Einschränkungen im deutschen Eisenbahnverkehr mit sich, wodurch eine effiziente Verkehrsanbindung zwischen Vorarlberg und den restlichen Bundesländern Österreichs nicht mehr länger gewährleistet war. Im Sommer 1871 beauftrage das Handelsministerium neuerlich die Generalinspektion der österreichischen Eisenbahnen mit der Ausarbeitung eines umfassenden Projektes und der Aufnahme geologischer Untersuchungen im Arlberggebiet.

Die auf den Erhebungen des Geologen Heinrich Wolf basierenden Projektierungsarbeiten wurden Ende 1871 abgeschlossen, und umfassten im Wesentlichen zwei Projekte (Wegenstein: 3).

„Im Projekt I war eine Trassenführung bis Stuben vorgesehen. Zur Erzielung annehmbarer Neigungsverhältnisse sollte die Bahnlinie schon im westlichen Talbereich ziemlich hoch steigen … (Maximalsteigung 33 ‰). Der Arlbergtunnel sollte eine Länge von 5518 m bzw. 6410 m haben und auf der Westseite in 1406 m Höhe ausmünden.

Bei Projekt II entsprach die Linienführung westlich von Langen fast genau dem jetzigen Verlauf. Für die Verbindung Langen a/A-St. Anton a/A standen drei Varianten zur Auswahl. Für zwei Tunnelvarianten (6810 m oder 7620 m langer Scheiteltunnel) wurde für die Strecke Langen a/A-Stuben eine Trassenführung mit zwei Kehren am schattseitigen Gehänge ins Auge gefaßt. Nach der dritten Variante sollte Langen a/A mit St. Anton a/A durch einen 12.400 m langen zweigleisigen Basistunnel („Wolf’scher Kalktunnel“) verbunden werden.

Die 1872 zu Rate gezogenen Experten sprachen sich fast einhellig für das Projekt II und für den 12.400 m langen Tunnel aus“ (Tiefenthaler: 54). Gegen dieses kostspielige und aufwendige Projekt wurden jedoch bald die verschiedensten Bedenken laut und die Bedeutung der Arlbergbahn als wichtige Ost-West Verbindung angezweifelt. Manche Gegner wandten sich scharf gegen die geplante Ausführung der Arlbergbahn und empfahlen eine Überschienung des Passes mit einer Zahnradbahn (ibidem: 54-55).

Am 22.03.1872 war die Planung der Strecke Innsbruck-Bludenz soweit vorangeschritten, dass dem Reichsrat ein Gesetzesentwurf für die Ausführung der Arlbergbahn vorgelegt werden konnte. Nachdem sich im Jahre 1873 jedoch abermals keine Einigung abzeichnete, ließen die Finanzsorgen des Reiches hervorgerufen durch den großen Börsenkrach in Wien am 09.05.1873 dieses Projekt vorübergehend in den Hintergrund treten (Wegenstein: 3). Eine Reihe von Bahngesellschaften gerieten dadurch in finanzielle Bedrängnis und waren auf staatliche Subventionen angewiesen. Aufgrund der steigenden Beitragsleistungen an die Privatbahnen setzte im Jahre 1874 wiederum der staatliche Eisenbahnbau ein und trug im Jahre 1878 zu einer Verstaatlichung zahlreicher Privatbahngesellschaften bei.

Seit 1847 bemühte sich der Textilindustrielle und Präsident der Vorarlberger Handelskammer, Carl Ganahl, um die Herstellung einer Schienenverbindung zwischen Tirol und Vorarlberg. Trotz seiner andauernden Bemühungen konnte er jedoch nur den Bau der Strecke Bludenz – Bregenz – bayrische Grenze mit Zweiglinien nach Buchs und St. Margrethen durchsetzen, welche am 01.07.1872 eröffnet wurde (Zeichnung: Barbara Pfeifer).

Aufgrund der finanziellen Situation wurden neue, kostengünstigere Varianten erarbeitet, was jedoch zu weiteren Verzögerungen führte (Studer, „Im Spiegel der Zeiten“: 19). W. v. Nördling, der damalige Generaldirektor des österreichischen Eisenbahnwesens, ließ im Jahre 1875 ein neues Projekt ausarbeiten, demzufolge nur ein 6470 m langer eingleisiger Tunnel (Ausmündung in Stuben in 1415 m Höhe) gebaut werden sollte (Tiefenthaler: 55). Dieser Entwurf wurde am 20.10.1875 dem Parlament vorgelegt (Wegenstein: 3). G. A. Koch, Geologe der k. k. Geolog. Reichsanstalt, der sich mit Studien über den Gebirgsbau im Arlberggebiet beschäftigte, erkannte hingegen, dass im Nördling’schen Projekt die natürlichen Erschwernisse des Bahnbaues und Bahnbetriebes zuwenig Beachtung fanden und empfahl eine Linienführung, welche Langen a/A mit St. Anton a/A durch einen 10.270 m langen Basistunnel verbinden sollte (Tiefenthaler: 55). Dieser Gesetzesentwurf wurde schließlich im Jahre 1877 wieder zurückgezogen (Wegenstein: 3).

Carl Ganahl hielt sich auch weiterhin als Verwaltungsrat der k. k. priv. Vorarlbergbahn in Wien auf und versuchte mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln den Bau der Arlbergbahn zu verwirklichen. Das von ihm gegründete Aktionskomitee erreichte, dass die Landtage von Tirol und Vorarlberg, sowie die Handelskammer von Innsbruck, Leoben und Klagenfurt Petitionen an die Regierungen richteten (Studer, „Im Spiegel der Zeiten“: 19).

Als zwei Jahre später eine neue Handels- und Zollpolitik Deutschlands gegenüber Österreich den grenzüberschreitenden Güterverkehr zum Erliegen brachte, wurde die Bedeutung einer innerösterreichischen Schienenverbindung hervorgehoben (Wegenstein: 3). Basierend auf der von G. A. Koch veranschlagten Linienführung wurde die Ausarbeitung eines neuen Basistunnelprojektes (diesmal mit nur eingleisigen Zufahrtsstrecken zum Tunnel) in Angriff genommen, für welches sich im Jahre 1879 die Mehrheit der vom Handelsministerium befragten Techniker aussprachen (Tiefenthaler: 55).

Als sich jedoch die Regierung im Jahre 1879 erneut mit dem Arlbergbahn-Projekt befaßte, verzögerten Meinungsverschiedenheiten über die Linienführung eine rasche Entscheidung. Über die Bedeutung der Arlbergbahn gab es sehr geteilte Auffassungen. Befürworter sprachen von einer „Weltbahn“, welche Ost- und Westeuropa verbinden sollte. Kritiker hingegen wollten die Arlbergbahn in die Kategorie der Nebenbahnen eingereiht wissen, da sie wohl politische, militärische, aber kaum handelspolitische Bedeutung habe.

Erst am 13.03.1880 fand die Gesetzesvorlage für den Bau des Streckenabschnitts Innsbruck-Bludenz unter dem neuen Handelsminister Freiherr von Korb die Zustimmung des Parlaments (ibidem: 40-41). Am 07.05.1880 erhielt das langerwartete Gesetz zum Bau der Arlbergbahn die Sanktion (Wegenstein: 4). Am 24.06.1882 verfügte das Wiener Handelsministerium, dass die gesamte k. k. priv. Vorarlbergbahn in den Staatsbetrieb übernommen wird. Die Übernahme durch die kkStB erfolgte bereits am 01.07.1882.

Mit der Bauleitung wurde Oberbaurat Julius Lott beauftragt. Lott hatte bereits beim Bau der Brennerbahn und in Ungarn Erfahrungen gesammelt (Studer, „Im Spiegel der Zeiten“: 19). Im Juni 1880 begannen beiderseits des Passes die Bauarbeiten am Arlbergtunnel. Die Arbeiten am Arlbergtunnel gingen relativ rasch von sich. Mit einem täglichen Stollenfortschritt von durchschnittlich 9,85 m, etwa doppelt soviel wie projektiert, waren Ende 1882 bereits 6813 m des Scheiteltunnels durchbohrt (Wegenstein: 4). Auf der Ostseite wurden Druckbetriebene Schlagbohrmaschinen System Ferroux eingesetzt, auf der Westseite gelangten die bereits am Pfaffensprung am Gotthard bewährten Druckwasserbetriebenen Drehbohrer System Brandt zum Einsatz. Allerdings erschwerten Wassereinbrüche und Druckpartien die Arbeit auf Vorarlberger Seite und machten umfangreiche Mauerarbeiten mit Mauerstärken von bis zu 2 m notwendig.

Lott sollte es jedoch nicht mehr vergönnt sein, der Vollendung seines wichtigsten Bauwerkes beizuwohnen. Er verstarb 16 Monate vor Bauabschluß an einer Lungentuberkulose. Sein Nachfolger wurde Oberinspektor Johann Poschacher, der die Arbeiten erfolgreich zu Ende führte (Studer, „Im Spiegel der Zeiten“: 19-20).

Am 01.07.1883 konnte der Streckenabschnitt Innsbruck-Landeck dem Verkehr übergeben werden. Der Bau der Bergstrecke ging nun leichter vonstatten, da der Materialtransport zu den Baustellen über die bereits fertig gestellte Talstrecke durchgeführt werden konnte. Der Durchschlag des Arlbergtunnels erfolgte am 19.11.1883 im Beisein des Handelsministers, sowie etlicher Würdenträger. Am 14.05.1884 wurde der mit 10,250 km längste Eisenbahntunnel Österreichs vorerst eingleisig fertig gestellt. Die Inbetriebnahme der beiden Rampenstrecken fällt auf den 06.09.1884 (Wegenstein: 4). Nach erfolgter Eröffnungsfahrt durch Kaiser Franz Josef am 20.09.1884 konnte der fahrplanmäßige Bahnbetrieb am darauf folgenden Tag aufgenommen werden (Tiefenthaler: 41).

Unmittelbar nach der Betriebseröffnung musste das ursprünglich für die Folgezeit in Aussicht genommene zweite Gleis im Arlbergtunnel verlegt werden, nachdem sich dasselbe schon in der ersten Betriebszeit als dringend notwenig erwiesen hatte. Das neu verlegte rechte Gleis wurde am 15.07.1885 in Betrieb genommen, mündete hingegen am Westportal des Arlbergtunnels in das bereits bestehende linke Tunnelgleis, da die Alfenzbrücke nur eingleisig befahren werden konnte (Denkschrift aus Anlass des zehnjährigen Betriebes: 108). In der Zeit von Oktober 1888 bis Oktober 1889 wurden sämtliche für den zweigleisigen Betrieb erforderlichen Erweiterungsarbeiten an der Alfenzbrücke vorgenommen. Nach Beendigung der Bauarbeiten konnte das zweite Tunnelgleis verlängert und der zweigleisige Fahrbetrieb zwischen St. Anton a/A und Langen a/A aufgenommen werden (Denkschrift aus Anlass des zehnjährigen Betriebes: 95).


Literaturverzeichnis:

k. k. Staatsbahndirection Innsbruck, Hg. Die Arlbergbahn: Denkschrift aus Anlass des zehnjährigen Betriebes 1884-1894. Innsbruck: k. k. Staatsbahndirection Innsbruck, 1896.

Studer, Bernhard.
Die Arlberg-Linie: Die Arlbergbahn und die Normalspurbahnen in Vorarlberg. Zug: Alfred Bucheli, 1986.

Studer, Bernhard.
„Im Spiegel der Zeiten“. Eisenbahn-Kurier-Special: Die Arlbergbahn gestern und heute 26 (Sept./Okt./Nov. 1992): 16-32.

Tiefenthaler, Helmut.
Innsbrucker geographische Studien. Bd. 1: Natur und Verkehr auf der Arlberg-Westseite. Hg. F. Fliri und A. Leidlmair. Innsbruck: Geographisches Institut der Universität Innsbruck, 1973.

Wegenstein, Peter.
Bahn im Bild. Bd. 97: Von Innsbruck nach Bludenz. Wien: Pospischil, 1997.


(Autor: Laublättner Michael)