Diese Aufnahme entstand im Bahnhof Dalaas. Der bergwärts fahrende IC 119 wird von der 1016.003-4 gezogen (Foto: Michael Laublättner).

In den Jahren 1884-1891 erfolgte die Berechnung der Bremslast anhand folgender Vorgaben:

Bei den im Streckenabschnitt Landeck – Bludenz verkehrenden Schnell- und Personenzügen muß 1/2, bei Güterzügen in den Streckenabschnitten Landeck – St. Anton a/A 1/4 und Langen a/A – Bludenz 1/3 der Bruttolast auf gebremsten Achsen ruhen. Bei den zwischen St. Anton a/A und Langen a/A verkehrenden Schnell- und Personenzügen galt es als ausreichend, wenn 1/3, bei Güterzügen wenn 1/5 der Bruttolast gebremst ist.

In all diesen Fällen konnten 3 t der zu bremsenden Last unberücksichtigt bleiben. Die zulässige Maximallast der Güter- und Gütereilzüge durfte ferner im Falle einer Beigabe von Bremswagen in St. Anton a/A zur Erreichung des Drittels Bremsbrutto im Streckenabschnitt Langen a/A – Bludenz mit deren Gewicht überschritten werden. Das Drittel Bremsbrutto galt es jedoch von der Gesamtlast des Zuges zu berechnen.

Güterzüge in der Richtung von Bludenz nach Landeck konnten mit 1/4 Bremsbrutto befördert werden, sofern im Streckenabschnitt Bludenz – Langen a/A nachgeschoben wurde und jenes bereits erwähnte Nachschiebetriebfahrzeug ab Langen a/A an der Zugspitze als Vorspannlokomotive verkehrte. Im Jahre 1892 ergab sich schließlich eine Änderung in der Berechnung des Bremsbruttos.

Bei allen bergwärts verkehrenden Güterzügen ohne Nachschiebetriebfahrzeug galt es darauf zu achten, dass sich 2/3 der bremsbaren Last im rückwärtigen Zugteil befanden, ferner dem Zug am Zugschluß zwei besetzte Bremswagen beigegeben wurden, um ein Entrollen eines abgerissenen Zugteiles zu verhindern.

Seit der Aufnahme des Fahrbetriebs auf der Arlbergbahn im Jahre 1884 erschien es wie bereits angedeutet erforderlich, jene mit zuwenig Bremsen versehenen Güterzüge zwischen Landeck und Bludenz durch Bremswagen zu verstärken, und zu diesem Zweck in Landeck und St. Anton a/A mit Steinen beladene Bremswagen bereitzuhalten.

Aufgrund der Tatsache, dass an manchen Tagen bis zu 20 Bremswagen auf den beiden Rampenstrecken der Arlbergbahn verkehren mussten, was in etwa einer Bruttolast von 300 t entsprach, welche innerhalb von 24 Stunden als tote Mehrlast befördert wurde, beschloß die Bahnleitung, ab dem 20.08.1885 Getreideladungen in Landeck in leer rückkehrende Bremswagen umzuladen, eine Maßnahme die sich in weiterer Folge bewährte und lange Zeit beibehalten wurde.

Trotz dieser getroffenen Maßnahme waren in St. Anton a/A aber auch weiterhin jene mit Steinen beladenen Hilfsbremswagen beheimatet. Bis zum Herbst 1888 betrug die Anzahl der hier stationierten Hilfsbremswagen vier, von diesem Zeitpunkt an genügten drei Wagen zur Aufrechterhaltung des Fahrbetriebs auf der Arlbergbahn (Denkschrift aus Anlass des zehnjährigen Betriebes: 246-250).

Kommen wir wieder in die Gegenwart zurück und betrachten die Bremsberechnung von heute. Der Bremsweg eines Zuges darf bei Schnellbremsung aus Sicherheitsgründen bestimmte Längen nicht überschreiten. Diese Längen können zwischen 400 und 1500 m betragen. Diese können – jeweils auf volle 100 m gerundet – den Dispositionslisten entnommen werden.

Um sicherzustellen, dass die vorgeschriebene Bremsweglänge eingehalten werden kann, muß vor Antritt der Berg- bzw. Talfahrt eine Bremsberechung vorgenommen werden. Welche Faktoren hierbei zu berücksichtigen sind, soll in den folgenden Abschnitten geklärt werden.

Das Bremsgewicht ist das Maß für die Bremsleistung eines Fahrzeuges oder Zuges. Das erforderliche Verhältnis des Bremsgewichtes zum Wagenzuggewicht ist in Hundertteilen den Bremstafeln zu entnehmen (Bremshundertstel). Die für einen Zug erforderlichen Bremshundertstel sind im Kopf des Fahrplanes angegeben.

Grundsätzlich sind Züge so zu bilden, dass der Wagenzug für sich als auch die arbeitenden Triebfahrzeuge einzeln in der Lage sind, die erforderlichen Bremshundertstel aufzubringen. Das vorhandene Bremsgewicht ist die Summe aus Bremsgewichten der bedienten Bremsen des Wagenszuges und der Triebwagen. Die vorhandenen Bremshundertstel werden mithilfe folgender Formel in ganzen Hundertteilen ermittelt:

Können beispielsweise im Falle einer verminderten Bremsleistung des Triebfahrzeuges oder des Wagenzuges die erforderlichen Bremshundertstel beim Zug oder dem Triebfahrzeug nicht aufgebracht werden, so wird zuerst eine neuerliche Bremsberechnung durchgeführt, bei der die Dienst- und Bremsgewichte aller beim Zug befindlichen arbeitenden Lokomotiven Berücksichtigung finden.

Werden hierbei die erforderlichen Bremshundertstel aufgebracht, kann von weiteren Maßnahmen abgesehen werden. Werden die erforderlichen Bremshundertstel auch dann nicht erreicht, ist dies dem Fahrdienstleiter zu melden.

Der Fahrdienstleiter überprüft, ob durch den Mangel an Bremshundertstel eine Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit erforderlich wird. Sollte dies zutreffen, ist dem Triebfahrzeugführer die noch zulässige Geschwindigkeit per Befehl mitzuteilen. Bei Lokzügen muß dementsprechend verfahren werden.

Bei Güter- und Dienstzügen – sofern mindestens ein Triebfahrzeug mit tauglicher E-Bremse an der Zugspitze und am Zugschluß verkehrt – darf im Steilrampenbetrieb für die Talfahrt das Dienst- und Bremsgewicht der Triebfahrzeuge nicht angerechnet werden, sowie auch die Geschwindigkeit nur bis zu jenen Werten herabgesetzt werden, welche die Dispositionsliste mit den niedrigsten Bremshundertsteln vorsieht.

Tritt eine Verminderung der Bremshundertstel erst während der Talfahrt auf, darf eine Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf 20 km/h vorgenommen werden. Es handelt sich hierbei um jenen Wert, welcher die Streckenliste mit den Mindestbremshundertsteln vorsieht. Ferner muß in jedem Bahnhof einen Aufenthalt von zehn Minuten (Kühlpause) in Kauf genommen werden.

Ein Zug bzw. Zugteil muß in der Lage sein, stets soviele Bremshundertstel aufzubringen, dass im jeweils maßgebenden Gefälle noch mit 20 km/h gefahren werden kann (Mindestbremshundertstel). Die Mindestbremshundertstel sind wie bereits erwähnt der Streckenliste zu entnehmen und gelten für beide Fahrtrichtungen.

Bei Güter- und Dienstzügen – eine Ausnahme bilden Personenwagenteil- und Dienstpersonenzüge – gilt es zu überprüfen, ob die zum Festhalten des Zuges im Stillstand notwendigen Handbremsen vorhanden sind. Das hierzu erforderliche Handbremsgewicht wird als Festhaltebremsgewicht bezeichnet und mithilfe folgender Formel ermittelt:

Die Festhaltebremshundertstel sind ebenfalls der Streckenliste zu entnehmen. Kann das Festhaltebremsgewicht nicht mithilfe der Handbremsen aufgebracht werden, dürfen zur Deckung des Fehlbetrages die auf den Lokomotiven vorhandenen Hemmschuhe herangezogen werden. In der Regel sind sämtliche Triebfahrzeuge mit jeweils vier Hemmschuhen ausgerüstet.

Mindest-
bremshundertstel
Festhalte-
bremshundertstel
Arlbergbahn-
Ostrampe
30
14
Arlbergbahn-
Westrampe
36
16
(32. Änderung der Streckenliste der BBDion Innsbruck: 32-34)

Die Bremshundertstel der Triebfahrzeuge sind am Führerstand angeschrieben, bei arbeitenden Lokomotiven hat der Triebfahrzeugführer nun zu überprüfen, ob die erforderlichen Bremshundertstel aufgebracht werden können, sollte dies nicht der Fall sein, ergeht eine Meldung an den Fahrdienstleiter.

Bei Zügen, die ausschließlich aus Triebwagen bzw. Triebzügen zusammengesetzt sind, muß keine Bremsberechnung vorgenommen werden, sofern alle beim Zug vorhandenen Bremsen tauglich und eingeschaltet sind. Im Falle eines Ausfalls von Bremsen oder der Beigabe anderer Fahrzeuge als Triebwagen oder Triebzügen ist eine Bremsberechnung durchzuführen.

Können bei einem Zug in einer nicht mit Fahrdienstleiter besetzten Betriebsstelle aus bestimmten Gründen, wie beispielsweise dem Ausfall von Bremsen, die erforderlichen Bremshundertstel nicht mehr aufgebracht werden, darf dennoch weitergefahren werden, wobei die Geschwindigkeit für je ein fehlendes Bremshundertstel um je 1 km/h herabzusetzen ist.

Im nächsten mit Fahrdienstleiter besetzten Bahnhof ist anzuhalten und erneut eine Bremsberechnung durchzuführen. Tritt hingegen eine Verminderung der Bremshundertstel bedingt durch eine Bremsstörung auf der freien Strecke auf, so darf die Fahrt ausnahmsweise ohne Bremsberechnung bis zum nächsten mit Fahrdienstleiter besetzten Bahnhof fortgesetzt werden, sofern noch mindestens die Hälfte der Fahrzeuge des Zuges über taugliche Bremsen verfügt, wobei eine Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf 20 km/h vorgenommen wird. Hiernach ist erneut eine Bremsberechnung vorzunehmen („Abschnitt 3: Bilden der Züge“: 7-10).

Dispositionsliste für die Fahrtrichtung St. Anton a/A – Bludenz

Es gilt zu beachten, dass die Fahrtrichtungen komplett getrennt und eigenständig zu betrachten sind, da die Bremshundertstelwerte als auch die Geschwindigkeiten fahrtrichtungsweise unterschiedlich sind. Auf den beiden Rampenstrecken der Arlbergbahn ist der Bremshundertstelwert 50%, der mit Rücksicht auf die thermische Belastung der Bremsen nicht unterschritten werden darf, als niedrigster Wert aufgenommen. Zugfahrten mit weniger Bremshundertstel sind nicht zulässig (Handbuch zur Dispoliste „neu“: 1).


Literaturverzeichnis:

k. k. Staatsbahndirection Innsbruck, Hg. Die Arlbergbahn: Denkschrift aus Anlass des zehnjährigen Betriebes 1884-1894. Innsbruck: k. k. Staatsbahndirection Innsbruck, 1896.

Österreichische Bundesbahnen. 32. Änderung der Streckenliste der BBDion Innsbruck. Dokument vom 14.11.1994. Fdl Bludenz. 32-34.

Österreichische Bundesbahnen. „Abschnitt 3: Bilden der Züge“. V3: Betriebsvorschrift. Wien: Österreichische Bundesbahnen, 1986. 7-10.

Österreichische Bundesbahnen. Dispoliste: St. Anton am Arlberg – Bludenz. Dokument vom 9. März 2001. Fdl Dalaas. 1-2.

Österreichische Bundesbahnen. Handbuch zur Dispoliste „neu“. Dokument vom 24. April 1998. Fdl Dalaas. 1.


(Autor: Michael Laublättner)