Unmittelbar nach der Inbetriebnahme des Blisadonatunnels am 07. September 2003 wurde mit den Abtragungsarbeiten im Streckenabschnitt Langen am Arlberg – Klösterle begonnen. Hiervon betroffen waren unter anderem der Simas- und Großtobeltunnel, sowie der Wäldlitobelviadukt. Diese Aufnahme entstand zwischen Langen am Arlberg und Wald am Arlberg im km 112,2 und zeigt das Großtobeltunnel-Westportal. Der bergwärts fahrende Güterzug wird von einer Lokomotive der Baureihe 1016 gezogen. Den Zugschluß bildet die 1044.093-1 (Foto: Michael Laublättner).

Auf den beiden Rampenstrecken der Arlbergbahn sind bis 1893 zehn eingleisige Tunnel mit einer Gesamtlänge von 1672,45 m zur Ausführung gelangt, deren Bau im Wesentlichen keine nennenswerten Schwierigkeiten bereiteten. Das Tunnelmauerwerk sämtlicher Tunnel der beiden Rampenstrecken wurde als unregelmäßiges Bruchsteinmauerwerk ausgeführt.

Die Tunnel wurden mit Ausnahme der östlichen Hälfte des 94 m langen Schmidtobeltunnels im km 122,9 und des 92 m langen Pfaffentobeltunnels im km 126,9 mit vorauseilendem Sohlenstollen betrieben. Der Ausbruch der beiden letztgenannten Tunnel bzw. Tunnelteile erfolgte ohne Sohlenstollen vom Tunnelfirste ausgehend.

Anhand des im Jahre 1893 fertiggestellten Großtobeltunnels soll gezeigt werden, wie der Tunnelbau auf den beiden Rampenstrecken der Arlbergbahn von statten ging (Denkschrift aus Anlass des zehnjährigen Betriebes: 35-36).

Am 09.07.1892 kam es im Gebiet des Großtobels zu einem verheerenden Bergsturz, welcher die Bahn in einer Längenausdehnung von 240 m verschüttete und vollständig zerstörte. Infolgedessen sah sich die Bahnleitung aus Sicherheitsgründen veranlasst, die neue Strecke zum Schutz gegen weitere Bergstürze und Lawinen, welche in diesem Gebiet stets zu fürchten sind, unterirdisch im Steilhang und Murenschutt des Großtobels auszuführen.

Der neue Großtobeltunnel sollte über eine Länge von 446 m verfügen, an dessen beiden Tunnelenden sich auf der Ostseite ein 10 m, auf der Westseite ein 49,1 m langer überwölbter Einschnitt anschließt. Mit den Vorarbeiten wurde am 01.12.1892 begonnen, sodaß bereits am 10.12.1892 der erste Einbau aus Holz aufgestellt werden konnte.

Die Ausführung des Tunnels erfolgte eingleisig nach der englischen Tunnelbaumethode, welche vorerst den Vortrieb eines Sohlenstollens vorsieht. Diese Sohlenstollen wurden von beiden Seiten schnellstmöglich vorangetrieben, um den Ausbruch des gesamten Profils in Angriff nehmen zu können.

Aufgrund der mitunter ungünstigen Beschaffenheit des Gebirges konnte seitens der Bauleitung stellenweise von einer sehr starken Auszimmerung des Sohlenstollens nicht abgesehen werden, um drohenden Verbrüchen wirksam zu entgegnen. Am 07.05.1893 erfolgte schließlich der Durchschlag. Der 505,10 m lange Sohlenstollen konnte innerhalb von 146 Tagen fertig gestellt werden. Hieraus ergibt sich ein durchschnittlicher täglicher Stollenfortschritt von 3,46 m.

Anfang Jänner 1893 wurde „über Tag“ auf beiden Seiten mit dem Vortrieb des Firststollens begonnen. Um den Fortschritt dieser Arbeit zu beschleunigen, wurden vom Sohlenstollen ausgehend vier weitere Aufbruchsschächte in den First des Profils angelegt, und von diesen aus beiderseits den Firststollen betrieben. Am 28.06.1893 erfolgte im Firststollen der fünfte und letzte Durchschlag.

Hiernach wurde der Tunnel ausschließlich der angrenzenden überwölbten Einschnitte in 70 Ringe, welche jeweils eine Länge von 6,40 m aufwiesen, unterteilt und am 05.04.1893 der Ausbruch des ersten Ringes in Angriff genommen. Der letzte dieser Ringe war am 12.10.1893 vollständig ausgebrochen, somit beanspruchte der gesamte Vollausbruch einen Zeitraum von 191 Tagen.

Der Großtobeltunnel ist in seiner gesamten Länge vollständig ausgemauert. Ferner konnte in vielen Bereichen von der Ausführung von Sohlengewölben nicht abgesehen werden. Am 27.04.1893 konnte die Aufmauerung des ersten, fertig ausgebrochenen Ringes in Angriff genommen werden, am 23.10.1893 wurde schlussendlich der letzte Ring geschlossen. Somit beanspruchte die Aufmauerung sämtlicher 70 Ringe einen Zeitraum von 180 Tagen.

An jenen Stellen, an denen aufgrund der ungünstigen Beschaffenheit des Gebirges starker Druck vorherrschte und infolge des enormen Gebirgsdrucks die Einbauhölzer bedeutend in das Mauerungsprofil hineinragten, mussten oftmals Ausbrüche von bis zu 0,30 m nachträglich vorgenommen werden, was den Fortschritt der Mauerungsarbeiten stets nachhaltig beeinträchtigte.

Nach erfolgter Ausschalung eines Ringes, welche drei Wochen nach der Fertigstellung des Gewölbes in Angriff genommen wurde, konnte mit dem Aushub sowie der Mauerung des Sohlengewölbes begonnen werden. Hiernach erfolgte als letzter Arbeitsschritt die Aufmauerung des Sohlenkanals sowie die Herstellung einer Betondecke über dem Sohlengewölbe. Nach Beendigung der soeben geschilderten Arbeiten konnte in weiterer Folge mit der Herstellung des Schotterbetts sowie mit der Verlegung des Oberbaues begonnen werden.

Rückblickend wurden 189,31 m mit Sohlengewölbe und einer Ringstärke im Scheitel von 0,65 m, 403 m ohne Sohlengewölbe mit einer Scheitelstärke von 0,75 m, 252,54 m mit Sohlengewölbe und einer Ringstärke im Scheitel von 0,75 m und 59,22 m als überwölbter Einschnitt mit einer Gewölbestärke von 0,70 m ausgeführt.

Am 07.11.1893 wurde nach Abschluß sämtlicher Tunnelarbeiten der Fahrbetrieb im neuen Großtobeltunnel aufgenommen, welcher zum damaligen Zeitpunkt der zweitlängste Tunnel der Arlbergbahn war. Der Bau des Großtobeltunnels beanspruchte einen Zeitraum von insgesamt 330 Tagen, eine im Tunnelbau früher nicht erreichte Höchstleistung, welche in Anbetracht der zu bewältigenden Schwierigkeiten, die insbesondere auf die ungünstige Beschaffenheit des Gebirges, welches zu einem großen Teil aus druckreichen Muren bestand, zurückzuführen sind, und somit umso bemerkenswerter erscheint (ibidem: 102-105).

Im Zuge des zweigleisigen Ausbaus der Arlbergbahn im Streckenabschnitt Langen a/A – Klösterle wird seit der Inbetriebnahme des neuen Blisadonatunnels am 07.09.2003 der Großtobeltunnel umfahren.


Literaturverzeichnis:

k. k. Staatsbahndirection Innsbruck, Hg. Die Arlbergbahn: Denkschrift aus Anlass des zehnjährigen Betriebes 1884-1894. Innsbruck: k. k. Staatsbahndirection Innsbruck, 1896.


(Autor: Laublättner Michael)