Diese Aufnahme entstand zwischen Langen am Arlberg und Wald am Arlberg im km 113,6. Der bergwärts fahrende ÖBB-EC 669 wird von der 1044.059-2 gezogen. Im Hintergrund ist das Lawinenschutzdach Schnend-Batzigg erkennbar, welches eine Länge von 725 m aufweist (Foto: Michael Laublättner).

Im schneereichen Winter 1953/54 kam es insbesondere auf der Arlbergbahn-Westrampe an Orten zu Lawinenabgängen, an denen bis zum damaligen Zeitpunkt keine Lawinengefahr bestand. Der wirksamste Schutz einer Bahnlinie im Hochgebirge gegen die oft verheerenden Auswirkungen einer Lawine stellen Lawinenschutzdächer dar.

Zum damaligen Zeitpunkt verfügte die Arlbergbahn-Westrampe bereits über sechs Lawinenschutzdächer, welche eine Gesamtlänge von 615 m aufwiesen. In Anbetracht der Lawinenereignisse des schneereichen Winters 1953/54 sahen sich die Österreichischen Bundesbahnen veranlaßt, die Errichtung von fünf weiteren Lawinenschutzdächern im Streckenabschnitt Langen a/A – Braz in Angriff zu nehmen, die eine Gesamtlänge von 506 m aufweisen.

Im Streckenabschnitt Langen a/A – Klösterle war darüber hinaus der Bau eines sechsten Lawinenschutzdaches geplant, allerdings mußte von dessen Realisierung später abgesehen werden. Die Herstellung von Lawinenschutzdächern ist nur dort möglich, wo nicht zu befürchten ist, daß die über das Schutzdach abgehenden Schneemassen Schäden an den unterhalb der Bahnlinie gelegenen Anlagen verursachen oder bedingt durch den Bau des Schutzdaches nicht mit einer Zunahme der Gefährdung dieser Anlagen zu rechnen ist.

Da im Bereich des sechsten Schutzdaches durch dessen Errichtung eine Gefährdung bzw. eine Zunahme der Gefährdung der unterhalb der Bahntrasse gelegenen Anlagen nicht ausgeschlossen werden konnte, mußte von dessen Realisierung Abstand genommen und stattdessen eine Hangverbauung vorgenommen werden.

Die Ausführung der Lawinenschutzdächer war bedingt durch die Aufrechterhaltung des Fahrbetriebs, der dichten Zugfolge sowie der Beengtheit der Baustellen mit ernormen Schwierigkeiten verbunden. Zum damaligen Zeitpunkt verkehrten auf der Arlbergbahn-Westrampe täglich an die 60 – 70 Züge, weshalb der Einsatz von Arbeitszügen zur Versorgung der Baustellen (Herbeischaffung von Baustoffen oder Geräten) nicht möglich war.

Aus Sicherheitsgründen wurde zudem der Fahrstrom währen der Arbeiten auf Baustellenlänge unterbrochen. Für die Bedienung der Schaltanlage zeichnete ein Sicherungsposten der Österreichischen Bundesbahnen verantwortlich. Der Fahrstrom wurde durch diesen vor jeder Zugfahrt eingeschaltet und nach erfolgter Zugfahrt wieder unterbrochen.

In Anbetracht der örtlichen Erschwernisse und nicht zuletzt auch aus wirtschaftlichen Gründen faßte die Bauleitung den Beschluß, für die Herstellung der Lawinenschutzdächer möglichst viele Fertigbetonteile vorzusehen und das Betonieren an Ort und Stelle sowie die hierzu erforderlichen Lehr- und Schalgerüste auf ein Mindestmaß zu beschränken.

Die Lawinenschutzdächer der Arlbergbahn erhielten in der Regel den Namen jenes Tobels, den sie kreuzen. Bei den neuen Schutzdächern, die Verlängerungen der Bestehenden sind, konnte diese Vorgehensweise nicht beibehalten werden. Sie erhielten als Bezeichnung römische Ziffern.

Im folgenden Abschnitt wird auf die Herstellung der einzelnen Lawinenschutzdächer eingegangen, wobei die Ausführung des Lawinenschutzdaches 5, welches sich im Streckenabschnitt Wald a/A – Dalaas befindet, keine Berücksichtigung findet.

Lawinenschutzdach 3 (Skizze: Michael Laublättner)

Die Lawinenschutzdächer 2 und 3, welche sich im Streckenabschnitt Langen a/A – Wald a/A befinden, werden gemeinsam behandelt, da ihre konstruktive Ausbildung identisch ist. Das Schutzdach 2 verfügt über eine Länge von 54,5 m, das Schutzdach 3 über eine Länge von 162,7 m.

Die Ausführung der Schutzdächer erfolgte in drei Bauabschnitten. Zuerst wurde die Herstellung der tragenden Konstruktionen aus Ortbeton in Angriff genommen. Diese umfassen die Stützen auf der Talseite, welche einen Querschnitt von 40 x 50 cm aufweisen, sowie eine Reihe von dreieckförmigen Böcken auf der Bergseite.

Die Anordnung der Stützen und Böcke erfolgte in Abständen von jeweils 6 m. Diese sind über parallel zur Gleisachse verlaufende Riegel, die der Aufnahme der Dachkonstruktion dienen, miteinander verbunden. Die auf der Bergseite ausgeführten Ständer mußten zum Teil in die bestehende Futtermauer eingelassen werden.

Beim Bau der Lawinenschutzdächer wurden alle 18 m durchgehende Trennfugen vorgesehen. An diesen Stellen sind Stützen und Böcke geteilt. Bei der Anordnung der auf der Talseite ausgeführten Ständer wurde zudem darauf geachtet, daß der notwendige lichte Abstand von 2,5 m zur Gleisachse gerade gewahrt ist.

Dies liegt darin begründet, daß sich die Herstellung einer Fundierung für die talseitigen Ständer bei zunehmendem Abstand zur Gleisachse weitaus schwieriger gestaltet, ein Umstand, der sich insbesondere beim Bau des Lawinenschutzdaches 3 bemerkbar machte. Hier liegt die Fundamentsohle auf der Talseite stellenweise 4,3 m unter der Schienenoberkante, weshalb nicht davon abgesehen werden konnte, den Fuß der talseitigen Ständer mithilfe von Stahlbetonringen in Richtung Gleisachse sowie parallel dazu in Oberbauhöhe zu sichern.

Als nächstes erfolgte das Verlegen der Betonfertigteile. Diese bestehen aus den Deckenträgern, die das Dach über dem Gleis tragen, sowie aus jenen der Decke, die den Abschluß zum bergseitigen Hang bildet. Auf den soeben genannten Trägern kamen schließlich aus Vakuumbeton hergestellte Deckplatten zu liegen, wobei Träger und Deckplatten die Schalung und Rüstung für die Ausführung der Dachdecke bildeten.

Abschlußdecke zum Berghang (Foto: Michael Laublättner)
Lawinenschutzdach 3 (Foto: Michael Laublättner)

Schließlich konnte mit dem Aufbringen des Betons der Decke begonnen werden, gleichzeitig wurden dadurch die Fertigbetonteile miteinander verbunden. Die Fertigteilträger der beiden Dächer bilden zusammen im fertigen Bauwerk einen Durchlaufträger. Die Träger jener Decke, die den Abschluß zum bergseitigen Hang bildet, weisen wegen der Anpassung an das Gelände unterschiedliche Längen auf.

Die Anordnung der Fertigteilträger erfolgte in einem Abstand von jeweils 60 cm. Auf ihnen kamen wie bereits erwähnt 4 cm starke aus Vakuumbeton hergestellte Deckplatten zu liegen. Diese Platten verfügen über eine Länge von 46 cm und einer Breite von 33 cm.

Ferner sind diese mit zwei Stahleinlagen von 6 mm Durchmesser versehen, die beiderseits herausragen und – wie auch die aus den Fertigteilträgern herausragenden Bügel – in dem später aufzubringenden Beton der Platte verankert wurden. Die Plattenoberfläche wurde möglichst rau belassen, um die Bindung mit dem Plattenbeton zu begünstigen.

Die Platten waren in der Lage, nicht nur das Gewicht des frisch eingebrachten Betons der Dachplatte, sondern auch eine Montageeinzellast von 100 kg aufzunehmen. Mithilfe der Platten konnte die ansonsten notwendige Holzschalung vollkommen ersetzt werden.

In der Mitte des Lawinenschutzdaches 2 befindet sich eine Wegunterführung, deren Benutzung allerdings auf die Sommermonate beschränkt bleibt. An dieser Stelle wurde die bergseitige Abschlußdecke mit einer Öffnung versehen.

Für jedes der Schutzdächer 2 und 3, die in einer Entfernung von rund 700 m zur Ausführung gelangt sind, wurde eine eigene Baustelle eingerichtet. Ein Großteil der Baustelleneinrichtung für das Schutzdach 2 mußte im Tal etwa 90 m unterhalb des Gleises belassen werden. Die Baustelle selbst war nur mit jenen Gerätschaften ausgestattet, die der Verteilung und dem Einbau der Baustoffe dienten.

Der Antransport der benötigten Baustoffe erfolgte mit einer Seilbahn, mit deren Hilfe das Material auf das an das neue Dach anschließende bestehende Schutzdach befördert wurde. Dort wurde es von einem Derrick-Kran übernommen und auf zwei talseits und bergseits errichteten Bühnen abgesetzt, von wo aus das Material schließlich zur Einbaustelle gefahren werden konnte. Für den Transport der Fertigteilträger bedurfte es einer eigenen Fahrbrücke.

Baustelleneinrichtung für das Schutzdach 3 (Skizze: Michael Laublättner)

Völlig anders verhielt sich die Platzsituation im Bereich des geplanten Schutzdaches 3. Eine in den Jahren 1912-14 an dieser Stelle vorgenommenen Trassenverlegung der Bahn (Bau des Wildentobeltunnels) ermöglichte die Einrichtung einer Baustelle auf dem früheren Bahngelände in unmittelbarer Nähe des auszuführenden Daches. Zudem konnte die aufgelassene Bahntrasse als Zufahrtsstraße für die Baufahrzeuge genutzt werden.

Die Baustoffe wurden mithilfe einer Feldbahn, welche über eine Spurweite von 600 mm verfügte, an die Baustelle transportiert, wo das Material von einem fahrbaren Turmdrehkran übernommen und in der Längs- und Querrichtung verteilt wurde. Die Fahrbahn des Turmdrehkrans wurde von einem Gerüst getragen, das im talseitigen Steilhang errichtet worden war.

Der Turmdrehkran konnte nur dann in Betrieb genommen werden, wenn der Fahrstrom auf Baustellenlänge unterbrochen war. Darüber hinaus wurde, sobald eine Zugfahrt bevorstand, mit dem Einschalten des Fahrstroms solange zugewartet, bis der Schwenkarm des Kranes mit einer allfälligen Last parallel zum Gleis stand.

Lawinenschutzdach 6 (Skizze: Michael Laublättner)

Das Lawinenschutzdach 6, welches eine Länge von 139 m aufweist, befindet sich im Streckenabschnitt Hintergasse – Braz. Dieses Dach unterscheidet sich in seiner Konstruktion von jener der Schutzdächer 2 und 3.

Ferner war wie schon beim Schutzdach 3 die Herstellung der Fundamente für die talseitigen Säulen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Die Bahnlinie durchsetzt in diesem Streckenabschnitt eine sehr steile Felslehne und wird auf Baustellenlänge talseits von einer größtenteils bis zu 8 m hohen Mauer gestützt, die an einer Stelle von einem Steingewölbe, welches eine Spannweite von rund 10 m aufweist, unterbrochen ist.

Bedingt durch die Beschaffenheit der Bahntrasse in diesem Bereich mußte für die Ausführung des Schutzdaches 6 eine andere Konstruktion gewählt werden. Auf geschlossenen Rahmen, wobei der oberste Riegel, welcher eine Neigung von 1:3 aufweist, bis zum Gebirge verlängert und dort verankert ist, kommen parallel zur Gleisachse verlaufende Fertigbetonbalken zu liegen.

Im Unterschied zu den Schutzdächern 2 und 3 konnte bei der Ausführung der Rahmen von einer Schalung über dem Gleis zum Einbringen des Betons nicht abgesehen werden. Die Anordnung der Rahmen erfolgte in einem Abstand von 5,5 m. Durchgehende Fugen finden sich alle 25 m zwischen zwei Querrahmen, deren Abstand sich auf 3,0 m beläuft.

Da im Bereich des Lawinenschutzdaches 6 Steinschlaggefahr besteht, wurde das Schutzdach mit einer 75 cm starken Überschüttung versehen. Zwischen der Überschüttung und der tragenden Platte befindet sich eine wasserdichte Abdeckung, über der eine 4 cm starke Betondecke aufgebracht wurde. Höcker in der Dachplatte verhindern ein Abgleiten der Überschüttung.

Die Fertigbetonbalken sind jenen der Schutzdächer 2 und 3 ähnlich und bilden im fertigen Bauwerk in Verbindung mit dem Aufbeton Durchlaufträger. Da die Fertigteilträger parallel zur Gleisachse liegen und der Hang in vielen Bereichen einen sehr unregelmäßigen Verlauf aufweist, entstanden trotz des Bestrebens, die Fertigteilträger in größtmöglicher Hangnähe zu verlegen, mitunter recht große unregelmäßige Öffnungen, die nur mithilfe einer Ortbetonplatte, welche mit einer kräftigen Altschienenbewehrung versehen wurde, geschlossen werden konnten.

Wie bei den bereits zuvor beschriebenen Schutzdächern kamen beim Lawinenschutzdach 6 zwischen den Fertigbetonbalken aus Vakuumbeton hergestellte Platten zu liegen.

Wegunterführung in der Mitte des Lawinenschutzdaches 2 (Foto: Michael Laublättner)
Lawinenschutzdach 3 mit den talseitigen Ständern (Foto: Michael Laublättner).

Ferner konnte auch bei dieser Schutzdachkonstruktion bedingt durch die Verwendung besonders geformter Vakuumbetonplatten im Bereich der Rahmen von einer Holzschalung bei der Herstellung der Dachfläche abgesehen werden.

Die größten Schwierigkeiten galt es allerdings bei der Ausführung der Fundamente für die Rahmen zu bewältigen, was zudem die Errichtung von Hilfsbrücken an diesen Stellen erforderlich machte. Jeder Rahmen ruht wie bereits erwähnt auf einem Fundament, das bis in den Felsuntergrund reicht.

Eine aus diesem Betonblock herausragende Konsole, die je nach Beschaffenheit des Geländes unterschiedliche Längen aufweisen kann, trägt den talseitigen Rahmenstiel. Ein parallel zur Gleisachse in etwa Oberbauhöhe verlaufender Längsriegel verbindet die Konsolen untereinander. Ferner gilt es darauf hinzuweisen, daß die bereits erwähnte talseits gelegene Stützmauer von dem Rahmenfundament nicht belastet wird.

Im Bereich des Steingewölbes ist das Fundament der Rahmen so konzipiert, daß die Konsolen das Gewölbemauerwerk umgreifen, ohne das Gewölbe zu berühren. Unterhalb des Gewölbes wurde der felsige Hang mit einem leichten Verkleidungsmauerwerk versehen.

Wie beim Lawinenschutzdach 2 zuvor beschrieben mußte auch hier die Baustelle im Tal eingerichtet werden. Mithilfe einer Seilbahn, welche eine Länge von 280 m aufwies und einen Höhenunterschied von 90 m bewältigte, wurde das Baumaterial auf ein oberhalb der Bahn errichtetes Fahrgerüst transportiert, von wo aus es mittels eines Förderbandes auf die andere Bahnseite geschafft werden konnte, auf der sich ebenfalls ein Fahrgerüst befand. Die Verteilung der Baustoffe entlang der Baustelle erfolgte mittels Karren.

Das Lawinenschutzdach 4, welches eine Länge von 145 m aufweist, befindet sich im Streckenabschnitt Wald a/A – Dalaas. Die Konstruktion dieses Daches gleicht jener der Schutzdächer 2 und 3.

Bedingt durch das in diesem Bereich vorhandene Gipsvorkommen sah sich die Bauleitung veranlaßt, sowohl die Fundamente mit einer aus säurefestem Mörtel gemauerten Klinkerumhüllung als auch die bergseitige Dachfläche neben einer wasserdichten Abdeckung mit einer Schutzschicht aus säurefestem Beton zu versehen. Die Baustelleneinrichtung gleicht jener des Schutzdaches 3 (Schweda, „Neue Lawinenschutzdächer der Österreichischen Bundesbahnen“: 221-230).

Verzeichnis der Kunstbauten der Strecke Schönwies – Bludenz


Literaturverzeichnis:

Schweda, Friedrich. „Neue Lawinenschutzdächer der Österreichischen Bundesbahnen“. Österreichische Bauzeitschrift 10 (Okt. 1956): 221-230.


(Autor: Laublättner Michael)